Aya, Malak und Sama Fakosh erzählen im Integrationscafé von ihrer Flucht und ihrer Heimat.
Zahlreiche Moscheen, Kirchen und Schulen sind zerstört, viele Menschen sind ohne Häuser und Arbeit. Die 60 Besucher und Kinder des Jugendtreffs werden ganz still, als die drei aufgeregten Mädchen von ihrer Heimat erzählen. Sie heißen Aya, Malak und Sama Fakosh, sind Geschwister und erzählen von Syrien, dem Land, aus dem sie vor eineinhalb Jahren geflüchtet sind.
Anlass war ein Aufgabe, die die Mädchen von der Lehrerin der Sprachlernklasse des Humboldt-Gymnasiums, Sonja Pauleweit, gestellt bekommen haben. Das Thema: "Eure Heimatstadt vor 50 Jahren und heute." Ursprünglich als Referat gedacht, war ihre Ausarbeitung so gut, dass der Unterstützerkreis des Jugendtreffs um Hans Blaschke die Syrerinnen einlud.
In der Erinnerung der Teenager ist Syrien ein Land, "in dem die Menschen vor dem Bürgerkrieg friedlich zusammengelebt haben - ununabhängig von Religion und Herkunft." So soll es wieder werden, wünschen sie sich.
Obwohl Syrien 3800 Kilometer und zirka 35 Autofahrstunden von Gifhorn entfernt ist, sei der Schulunterricht gar nicht so anders gewesen, erzählt die Älteste. "Meistens ging der von 8 bis 13 Uhr", so Aya, die eine weiterführende Schule besucht hat. Schuluniformen - graue Hose und pinkfarbener Anzug - seien Pflicht gewesen, das Kopftuch aber nicht.
Und noch etwas ist ihr wichtig: "Die Lehrer haben immer darauf geachtet, dass jeder Schüler auch wirklich alles versteht", sagt sie. Die 14-jährige Malak und die 12-jährige Sama nicken zustimmend.
Warum sich die Geschwister entschieden haben, im Jugendtreff zu sprechen? "Viele Menschen wissen nur ganz wenig über Syrien," erläutert Malak ihre persönliche Motivation.
Aya, Malak und Sama Fakosh sind Ausnahmeschülerinnen. Sie sprechen nach eineinhalb Jahren fließend Deutsch und besuchen ganz regulär das Humboldt-Gymnasium. "Es ist die Kombination aus Begabung, Leistungsbereitschaft und der Einsicht, dass Bildung eine Chance ist", bekräftigt Lehrerin Sonja Pauleweit. Auch für sie ist es ein Lernprozess gewesen: "Dass Aya, Malak und Sama die lateinische Schrift überhaupt nicht lesen können, weil Syrisch ein Bildsprache ist, haben wir erst nach zwei Wochen gemerkt." Aufgefallen sei das zunächst kaum, weil die drei sich vieles selbst beigebracht haben. "Das war sehr sehr anstrengend, weil ich nur Englisch konnte und meine Freunde alles übersetzen mussten", wirft Aya ein. Und doch : Die Mühe hat sich gelohnt.
"Es ist die Kombination aus Begabung, Leistungsbereitschaft und der Einsicht, dass Bildung eine Chance ist."
Foto rechts: Sonja Pauleweit unterrichtet die Sprachlernklasse. Aufgeregt waren die drei schon, aber das ließen sie sich kaum anmerken (von links): Aya Fakosh (16), Malak Fakosh (14) und Sama Fakosh (12).
Braunschweiger Zeitung / 21. April 2016