logo

Die Debatte der Elftklässler mit dem Abgeordneten Heil zeigt, wie groß der Aufklärungsbedarf ist.Abgeordneten Hei

Die Schüler kommen schnell zur Sache. Fünf Minuten stellt sich ihnen der Gifhorner SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil vor. Es gibt zwei Lacher: Das freiwillig preisgegebene Detail Schuhgröße 43. Und Heils von Moderatorin Patricia Pehlic erfragtes Eingeständnis, als Jugendlicher gekifft zu haben: "Was ich heute nicht mehr machen würde."

Damit ist das Eis gebrochen für die Diskussion zum Thema Flucht und - den Anschlägen von Paris geschuldet - Terror.

Seit Jahren nimmt sich Heil trotz seiner Verpflichtungen als stellvertretender SPD-Fraktionschef im Bundestag Zeit, mit den elften Jahrgängen des Humboldt-Gymnasiums zu diskutieren. Auch mit seinen 43 Jahren und mit einer Parlamentslaufbahn von mehr als 15 Jahren erreicht er die Jugendlichen - sie hören ihm zu. Nie war das wichtiger als am Dienstag, als spürbar wurde, wie sehr die gegenwärtige Situation die Schüler umtreibt.

Flucht und Terror, das ist kein theoretischer Politikunterricht. Das ist auch kein Thema für jugendliche Politträumereien oder theoretische Ideologien. Die Verunsicherung ist greifbar, ebenso der Eindruck, dass Eltern und Lehrer längst noch nicht alle Fragen der Schüler beantworten konnten - wie auch?

Selbst Heil hat keine Sofortlösungen parat, hört sich dafür Positionen von Schülern an, auch wenn er sie nicht teilt, begründet ihnen seinen Politikansatz.

Als ein türkischstämmiger Schüler die Zusammenarbeit Deutschlands mit den Kurden gegen die IS-Terroristen rügt, weil sich die Türkei auch durch kurdischen Terror bedroht fühlt, schildert Heil das Dilemma der deutschen Türkei-Politik: "Terror ist nicht zu rechtfertigen. Die Unterdrückung von Volksgruppen aber auch nicht." Immerhin hätten die kurdischen Peschmergakämpfer dank deutscher Unterstützung den IS zurückdrängen können. Den IS nennt Heil faschistisch: "Das sind keine Moslems. Sie missbrauchen die Religion, um ihre widerlichen Ziele durchzusetzen."

Ob es auch in Deutschland zu Anschlägen wie in Paris kommen könnte? "Wir können keine hundertprozentige Sicherheit versprechen", formuliert Heil das Offensichtliche. "Das geht in keiner freien Gesellschaft. Das schafft nicht mal ein Polizeistaat." Den ohnehin niemand will. Heil formuliert den gesellschaftlichen Konsens: "Wer Freiheit für Sicherheit beschneidet, verliert am Ende beides."

Zum Thema Flucht beharkt sich Heil mit Moderator Jan-Nico Wipper, der Terroristen unter den Flüchtlingen fürchtet: "Woher weißt du das?", fragt Heil. "Ich will keine Angst durch solche Spekulation." Zugleich räumt er ein, dass die ungeordnete schnelle Zuwanderung nicht weitergehen könne: "Wir brauchen geordnete Verfahren. Und die EU-Außengrenzen müssen funktionieren."

FOTO: Der Abgeordnete Hubertus Heil sprach mit dem 11. Jahrgang des Humboldt-Gymnasiums über Terror und Asyl. Paul (von links), Henrik, Torben, Patricia, Jan-Nicklas, Nele und Jan-Nico moderierten das Gespräch.

Braunschweiger Zeitung / 18. November 2015