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Die Rundschau präsentiert das Drama "Man sieht sich" in der Schultheaterreihe.

Kurzer Beifall, irritiertes Schweigen - die Aufführung "Man sieht sich" des Theaters der jungen Welt Leipzig ließ bei den Schülern in der Stadthalle viele Fragen offen. Die Szenencollage über Menschen, die sich in sozialen Netzwerken verlieren, ihr Leben dort erfinden, dann in absurde Erzählstränge vom Weltverbessern bis zum Quentin-Tarrantino-Szenario wechseln oder mit mehr als 2000 Freunden prahlen, war hart, ließ vieles nur erahnen und endete mit dem Freitod einer Chatterin - traf aber nicht unbedingt den Nerv der Zielgruppe.

Fabian Weber, Schülerkritiker aus dem Humboldt-Gymnasium:

"Ich würde gerne mit den Schauspielernreden - dann versteht man vielleicht mehr."

Die Braunschweiger Zeitung präsentiert die Jugendtheaterreihe und fragte im 10. Jahrgang des Humboldt-Gymnasiums nach. Fabian Weber hätte gerne mit dem Team gesprochen: "Vielleicht würde es dann klarer. Eine Handlung war da nicht zu sehen, es wurde einfach nur suspekt und unrealistisch. Begeistert hat mich das nicht." Nur das gebetsmühlenartig wiederholte "Smile!" hinter den Posts kam gut allgemein gut an - da gab es Lacher. Wie Fabian meint Pia Stapmanns: "So ist es in sozialem Netzwerken nicht. Für das Stück wurde total übertrieben." Ihr Fazit: "Ein Sinn war eigentlich nicht zu sehen und ich hätte das Thema anders umgesetzt. Ich habe auch nicht verstanden, warum am Ende auf einmal alle so sein wollten wie die Tote."

Felix Paulig, Schülerkritiker aus dem Humboldt-Gymnasium:

"Die Aufzählungen machten es langweilig. Jugendtheater ist gut, wenn es ankommt."

Felix Paulig ist selbst nicht bei Facebook: "Mir wurden die endlosen Aufzählungen, was da jeder mag oder liest, schnell langweilig, die nahmen fast die Hälfte der Zeit ein." Dies sei einfach zu eintönig: "Jugendtheater kann gut sein, aber es muss dann auch beim Zuschauer ankommen." Nur auf den Mechanismus "Ach, ich poste erst mal was, egal wie - auch wenn es gar nicht so toll war" zu setzen, reiche nicht. Fabian fasst zusammen: "Die Schauspieler waren gut und brachten rüber, dass alle nur um sich selbst kreisen und die Gesellschaft nicht sozialer wird - nur eine Story war nicht zu erkennen." Vollends rätselhaft blieb für alle die immer wieder durch die Szene geisternde weiße Frau.

Pia Stapmanns, Schülerkritikerin aus dem Humboldt-Gymnasium:

"Ein Sinn war schwer zu sehen. Auch nicht,warum alle zuletzt sein wollten wie die Tote."

Für Lehrerin Angela Koch war die Aufführung "kurzweilig. Ich konnte das Bühnenmodell mit den Kästen gut nachvollziehen. Jeder kreist nur um sich selbst und keiner hinterfragt, ob das, was gesagt wird auch wahr ist." Das zeigte auch die letzte Projektion: ein großes "ICH" auf der schwarzen Wand.

Braunschweiger Zeitung / 14. Januar 2016